Herbst 2015

Spielräume der Freiheit? 

 

 

Nach einer intensiven Vollversammlung am 07.09. beschäftigte sich der Landeskonvent der Theologiestudierenden der EKKW in den folgenden zwei Tagen mit dem Konzept der „regionalen Kooperationsräume“. Die Landeskirche befindet sich derzeit in einem größeren Prozess der Umstrukturierung und Neufindung. Bei weniger Pfarrerinnen und Pfarrern, aber auch aufgrund sinkender Finanzen, will Kurhessen-Waldeck unbedingt Volkskirche bleiben, d.h. wenn möglich flächendeckend präsent sein. Um das gewährleisten zu können, sollen Pfarrerinnen und Pfarrer in Zukunft den Blick über ihre eigene Gemeinde hinaus wagen und mit den Nachbarinnen und Nachbarn enger zusammen arbeiten. So kann es zu Gottesdienstkooperationen, gemeinsamen Verwaltungsstrukturen oder auch einfach nur zu einem produktiven Austausch kommen. Bei der kommenden Herbstsynode sollen weitreichende Beschlüsse in diese Richtung gefasst werden.
Der Landeskonvent wurde auf seiner Tagung aus verschiedenen Perspektiven über diese Neuerung unterrichtet: Prof. Dr. Jan Hermelink (Göttingen) eröffnete mit kirchentheoretischen Überlegungen, die einmünden in das Bild der PfarrerIn als „Vielfaltsmanager“. Ihm ging es wesentlich darum zu zeigen, dass die Kirche stets in sich plural gefasst war und diese Pluralität auch weiterhin in sich abbilden sollte. Die Kirche müsse sich auch öffnen für die, die keine allsonntäglichen KirchgängerInnen seien. Von diesen breit gefächerten theoretischen Überlegungen wurde nun die Situation von Kurhessen-Waldeck in den Blick genommen. Regina Sommer umriss den derzeitigen Stand des Reformprozesses in der EKKW, ehe Dr. Gernot Gerlach darlegte, wie regionale Kooperationsräume aussehen könnten. Allerdings sei der Begriff der „Nachbarschaften“ vielleicht einladender, oder auch „Spielräume der Freiheit“.
Neben der Theorie wurde auch die praktische Umsetzung in den Blick genommen, dabei wurde auch auf die Situation in den östlichen Gebieten der EKD und in das Bistum Fulda eingegangen.
Dieser dichte und spannende Tag wurde bei Raclette, dem ein oder anderen Getränk und guten Gesprächen gebührend verabschiedet.
Am Folgetag sollten die Teilnehmenden der Tagung nun selbst kooperieren. Als KV-MitgliederInnen und PfarrerInnen verschiedener Gemeinden sollten die Teilnehmenden über eine mögliche Kooperation „ihrer“ Gemeinden sprechen und diskutieren. Unter Anleitung von Dietrich-Hannes Eibach traten in dem Planspiel die Chancen, aber auch die Probleme regionaler Kooperationen zutage: Offenheit, Entlastung und neue Möglichkeiten auf der einen Seite, der Konflikt von Tradition und Neuem, eine vielleicht neue Ebene der Verwaltung und ein immenser Aufwand auf der anderen Seite.

Was bleibt nun festzuhalten? Die Umstrukturierung der Kirche wird eine Menge Zeit und Kraft kosten. Ob alles so funktioniert wie geplant, ist nicht abzusehen; auch nicht, ob die regionalen Kooperationsräume die Lösung darstellen. Schwierig dürfte es werden, wenn das Müssen das Wollen überwiegt. Zusammenarbeit funktioniert erst dann, wenn alle daran Beteiligten die Anstrengungen mit Freude aufnehmen.

von André Flimm